BKA prüfte Hinweise auf atomaren AnschlagGeheime Dokumente der Polizei zeigen, wie akribisch sich die Behörden auf die Fußball-WM der Frauen vorbereitet haben. Das Bundeskriminalamt ging sogar Hinweisen auf einen nuklearen Anschlag beim Eröffnungsspiel nach. Fahndern zufolge gilt Frauenfußball bei Islamisten als Sinnbild des dekadenten Westens.
Die Weltmeisterschaft der Fußballfrauen sei 2011 "das bedeutendste Sportereignis" in Deutschland. L. arbeitet für das Bundeskriminalamt, Abteilung Polizeilicher Staatsschutz. In ihrem neunseitigen "Gefährdungslagebild" ("VS - Nur für den Dienstgebrauch") schreibt sie, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Personen oder Gruppierungen die mediale Aufmerksamkeit der WM für ihre Zwecke missbrauchen wollten und es zu "strafrechtlich relevanten Handlungen bis hin zu terroristischen Anschlägen" komme.
Mehrere vertrauliche Dokumente der Polizei, die SPIEGEL ONLINE vorliegen, zeigen, mit welcher Akribie sich die deutschen Sicherheitsbehörden auf die WM im eigenen Land vorbereitet haben. Zwar stellen die Beamten übereinstimmend fest, dass das Gefahrenpotential insgesamt niedriger sei als bei einem Turnier der Männer, jedoch warnt das BKA: Die Frauenfußball-WM könne von islamistischen Fanatikern "in einem viel stärkeren Maße" als Sinnbild der "typisch dekadenten Lebensweise" des Westens aufgefasst werden. Gerade von Einzeltätern gehe in diesem Zusammenhang "ein besonderes Risiko" aus.
Promotion So prüfte das im rheinischen Meckenheim angesiedelte Staatsschutz-Referat ST 44 des BKA auch Hinweise auf einen möglichen Nuklearbombenanschlag beim Eröffnungsspiel. Eine "Internet-Recherche" habe jedoch ergeben, schrieb die Kriminalhauptkommissarin L., dass der Auslöser der Alarmmeldungen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" ein im Netz kursierender Film gewesen sei, in dem von einem Attentat am 26. Juni um 19 Uhr in Berlin fabuliert werde. Die Polizistin folgerte: "Die Inhalte des Videos sind als gefährdungsirrelevant einzustufen." Die Tipps seien dem "Hoax-Phänomen zuzurechnen" - also eine Internetlüge.
"Verdeckte und offene Maßnahmen"Das baden-württembergische Landespolizeipräsidium wies wenige Tage zuvor in einem zwölfseitigen Rundschreiben die ihm unterstellten Direktionen an, mit "verdeckten und offenen Maßnahmen" dafür zu sorgen, dass "extremistische Gefährdungslagen bzw. Anschlagsvorbereitungen im Vorfeld" erkannt und sofort eingeschritten werden könne. Das Landesamt für Verfassungsschutz wurde gleichzeitig "gebeten, in eigener Zuständigkeit Aufklärung zu betreiben".
Die Behörden gehen jedoch nicht von Krawallen oder Schlägereien bei den Spielen aus. Es würden sich "in der Hauptsache Familien sowie weibliche Jugendliche" die Begegnungen in den Stadien ansehen, notierte der Stuttgarter Polizeidirektor P. "Hooligan-typisches Verhalten und Ausschreitungen von sogenannten Fußballfans sind grundsätzlich nicht zu erwarten."
Die Gesamteinsatzleitung der hessischen Polizei teilte diese Einschätzung und bereitete seine Beamten schriftlich auf ein anderes Szenario vor: Mit Taschen- und Trickdiebstählen sei bei der Frauenfußball-WM zu rechnen, mit Betrugs- und Fälschungsdelikten und auch mit Personen, die sich unbefugterweise als Polizisten ausgäben, um sich Zutritt zu gesperrten Bereichen zu verschaffen.
Aber damit werden die Sicherheitskräfte wohl fertig werden.
Quelle: Spiegel Online